Mindestens 12 Millionen Euro mit bedrohlich viel Luft nach oben: So viel soll laut neuen Berechungen, die die Stadt Unna in Auftrag gegeben hat, die Sanierung der Eissporthalle kosten. Nur so sei die Sportstätte aus den 70er Jahren wieder längerfristig zu betreiben, behauptet die Verwaltung, die die zugehörige daumendicke Expertise am 12. April der Unnaer Politik vorstellte.
Die Politik grübelt seither, was nun zu tun ist.
Während die Fraktion „Wir für Unna“ (WfU) eine Prüfung des Gutachtens in Auftrag gab, welches zu einem für die Stadt niederschmetternden Ergebnis kam: Die Halle werde bewusst „totgerechnet“, jede Schraube werde neu kalkuliert -, bringt die SPD die Alternative ins Spiel:
„Lasst uns die Bürger ein weiteres Mal fragen, was sie selbst wollen.“
Ein Instrument dazu wäre ein sogenannter Ratsbürgerentscheid, den wir unten erklären.
Zur Erinnerung: Dass die Eishalle saniert statt abgerissen wird, war dem Rat und der Stadtverwaltung durch einen Bürgerentscheid faktisch aufgezwungen worden. Dieses Mehrheitsvotum, das die Bürgerinitiative „Unna.braucht.Eis“ vor nun bald zwei Jahren herbeiführte (am 26. Mai 2019), setzte den zuvor gefassten Ratsbeschluss zum Hallenabriss außer Kraft.
Nach Ablauf von 3 Jahren ist der Stadtrat aber nicht mehr an den Bürgerentscheid gebunden. Am 26. Mai 2022 endet die Frist, und dann ist ein neuer Ratsbeschluss zur Eissporthalle möglich. Hingegen kann ein neuerlicher Bürgerentscheid zum selben Thema nicht unmittelbar erfolgen.
Das alles weiß die Bürgerinitiative, das weiß die Stadt und das wissen natürlich auch die politischen Akteure. Sie brüten nun darüber, was zu tun ist.
„Die SPD-Fraktion hat mehrere Sitzungen zu dem komplexen Thema zeitnah eingeplant. Denn eine Entscheidung soll möglichst
noch vor Beginn der Sommerferien fallen“, erklären die Sozialdemokraten. Sie wollen bis dahin auch Vertreter von
Eissportvereinen anhören, die sich nachdrücklich für den Erhalt der Halle einsetzen und das Bürgerbegehren vor zwei
Jahren mit auf den Weg gebracht hatten.
„Schon jetzt ist klar: Angesichts der enormen Summe, die die Stadt Unna in die Eissporthalle trotz angespannter Haushaltslage und noch nicht absehbarer Corona-Folgen für die Kommune investieren muss, denken die Sozialdemokraten über mehrere Varianten nach“, so die aktuelle Position der SPD. Sie zählen auf:
- Variante I – Erhalt: „Die Stadt Unna folgt dem Bürgerentscheid von 2019 und erhält die Eissporthalle an ihrem Standort am Bergenkamp. Die 12,5 Millionen Euro Minimum, die gleich mehrere externe Fachleute im Haupt- und Finanzausschuss ausführlich begründet haben, sollen dann investiert werden. Wer die Eishalle anschließend betreibt, ob die Wirtschaftsbetriebe Unna als Eigentümerin oder ein möglicher Pächter, wäre noch zu klären. Beginn der Sanierungsarbeiten: 2022.“
- Variante II – Neubau: „Bei so hohen Sanierungskosten für ein mehr als 40 Jahre altes Gebäude lohnt es sich, über einen Neubau als Alternative nachzudenken. Dies könnte am alten Standort Bergenkamp oder auf einer anderen, gut angebundenen Fläche geschehen. Die SPD-Ratsvertreter aus Massen nennen vor diesem Hintergrund das Areal des Freizeitbades nahe der Kleistraße als Möglichkeit. Eingebunden werden in den neuen „SportCampus“ könnte ein Ersatz für das Lehrschwimmbecken in Massen.“
Variante III – Nachfragen: Seit dem Durchsetzen des Bürgerentscheids vor 2 Jahren sei viel geschehen, merken die Genossen an. Vor allem die pandemische Lage halte auch Unna fest im Griff. Also könne man die Unnaerinnen und Unnaer doch zu diesem Zeitpunkt noch einnal fragen:
„Wollen die Bürgerinnen und Bürger wirklich immer noch den Erhalt der Eissporthalle um jeden Preis? Um das herauszufinden, könnte ein Ratsbürgerentscheid angestoßen werden, der die Menschen noch einmal um ihre Stimme bittet.“
Rechtlich, betont die SPD, sei die Stadt allerdings nicht dazu verpflichtet. Am 26. Mai 2021 läuft die Bindung an den Bürgerentscheid ohnehin aus.
Ratsbürgerentscheid – wie funktioniert er?
Mit Hilfe eines Ratsbegehrens können die Gemeindevertretungen eine Abstimmung aller Bürger – den Ratsbürgerentscheid – herbei führen. Für den Rat gibt es vier Gründe, ein Begehren zu initiieren:
1. weil sich der Rat in einer wichtigen kommunalpolitischen Entscheidung nicht einig war
2. aufgrund der Auffassung, dass dies die Legitimität einer Entscheidung erhöht oder
3. um das Anliegen eines nicht eingereichten oder unzulässigen Bürgerbegehrens aufzugreifen
4. als Alternativfrage zu einem zur Abstimmung kommenden Bürgerbegehren
Wie bei durch Bürgerbegehren initiierten Bürgerentscheiden ist das Erreichen eines gewissen Zustimmungsquorums notwendig. In NRW müssen derzeit je nach Gemeindegröße zwischen 10 und 20 Prozent aller Stimmberechtigten ein Bürgerbegehren mit ihrer Stimme unterstützen, damit der Bürgerentscheid gültig ist.
Bei einem Ratsbürgerentscheid müssen die Stimmen für oder gegen ein Ratsbegehren deshalb ebenfalls 10, 15 oder 20 Prozent aller Stimmberechtigten ausmachen. Wird dieses Quorum nicht erreicht, entscheidet wieder der Rat. NRW verlangt eine Mehrheit von zwei Dritteln aller Mitglieder. (Quelle: Mehr Demokratie e.V. NRW)