Offensichtlich greift bei der Stadtspitze einmal mehr die schiere Panik vor dem Bürger um sich, so dass man dort flugs eine Anwaltskanzlei beauftragt, um lästige basisdemokratischen Bestrebungen im Keim zu ersticken. Was ist geschehen? Mehrere Mitglieder des Vereins UNNA.braucht.EIS haben gegenüber der Stadt die Absicht angezeigt, ein Bürgerbegehren auf den Weg zu bringen. Dieses sollte den Neubau einer Eishalle am Bergenkamp als Sport- und Begegnungsstätte für Jung und Alt zum Gegenstand haben.
Langer Tradition folgend zerbricht man sich nun im Bürgermeisterbüro die Köpfe darüber, wie man dieses Vorhaben am besten torpedieren kann und kommt (wieder einmal) zu dem Ergebnis, dass es eine Anwaltskanzlei richten soll. Also wurde kurzerhand die renommierte Anwaltskanzlei Baumeister aus Münster damit beauftragt, Gründe für die gewünschte Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens zu finden.
Den Vorteil, den man sich bei der Stadt mutmaßlich davon verspricht: Die Prüfung durch die Kanzlei verleiht der Position der Stadtspitze zusätzliches Gewicht und erweckt den Anschein von Objektivität. Zugegeben: Die beauftragte Kanzlei Baumeister verfügt über ein hervorragendes Renommee und gilt gerade im Verwaltungsrecht als ausgesprochen versiert. Entsprechend üppig lässt sich die Kanzlei ihre Dienste allerdings auch vergüten. Stundensätze von 250-300 Euro sind bei vergleichbaren Großkanzleien eher die Regel, als die Ausnahme. Verschwendetes Geld, da die Stadt (1.) selbst über gleich mehrere Juristen verfügt, die sich eigentlich im Bereich des hier maßgeblichen Kommunalrechts bestens auskennen müssten und (2.) sich das Gutachten auf lediglich etwa eineinhalb der insgesamt neun Seiten rechtsgutachterlich äußert. Der Rest des Textes ist Sachverhaltsbeschreibung und die abstrakte Beschreibung der Rechtslage. Beides sollte den Juristen der Stadtverwaltung und eigentlich auch dem Bürgermeister hinlänglich bekannt sein. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass man sich in dem Rechtsgutachten auf einen vermeintlich verbindlichen Beschluss der Stadt beruft, der das ehemalige Eishallengrundstück angeblich verbindlich für die Errichtung für Wohnbebauung vorsehen soll. Zugleich widerlegt die Stadtspitze diese Argumentation aber selbst, indem sie ganz aktuell Feuerwehr, Kita und Schule auf dem Gelände plant. Ein Schelm, wer hier einen Widerspruch sieht?
Schaut man sodann in die eigentlichen rechtlichen Ausführungen des vorgelegten Gutachtens, so fällt auf: Die Anwälte selbst scheinen sich ihrer Sache nicht sonderlich sicher zu sein. Dort lesen wir gleich mehrfach die Wendungen „unseres Erachtens“ und „nach hiesiger Einschätzung“. Klare Indizien dafür, dass die rechtliche Bewertung beileibe nicht so eindeutig ist, wie uns der Bürgermeister gerne weißmachen möchte. Natürlich haben wir Verständnis für diese ebenso durchschaubare wie kostspielige Manöver der Stadtspitze. Immerhin hat der glücklos agierende Bürgermeister schon beim Umgang mit dem erfolgreichen Bürgerbegehren zum Erhalt der alten Eishalle keinen rühmlichen Eindruck hinterlassen, indem er die eindeutige basisdemokratische Entscheidung schlicht nicht umgesetzt hat. Hatte er im Kommunalwahlkampf noch getönt, dass es mit ihm kein weiteres Bürgerbegehren geben werde, weil er den Interessenausgleich anderweitig erreichen wird, sieht er sich jetzt einem weiteren Bürgerbegehren gegenüber, mit dessen Management er offenkundig überfordert ist. So hielt er es nicht einmal für erforderlich sich persönlich mit den Initiatoren zu treffen und schickte zum Auftaktgespräch seinen Beigeordneten. Er selbst ließ sich kurzfristig entschuldigen.
Ingo Malak, UNNA.braucht.EIS
Über den Verfasser:
Ingo Malak ist Volljurist und leitet eine behördliche Rechtsabteilung. Er ist Gründungsmitglied von UNNA.braucht.EIS.